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Gesundheit
July 30, 2024

Wie kann ich unterdrückte Gefühle lösen?

Relievr
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Gefühle sind ein zentraler Bestandteil unseres Daseins. Sie formen unser Erleben, leiten unsere Handlungen und prägen unsere Beziehungen. Doch was passiert, wenn wir diese Gefühle unterdrücken? Diese Frage ist nicht nur für die Psychologie von großer Bedeutung, sondern auch für unser tägliches Leben. In diesem Artikel werden wir uns damit befassen, welche Auswirkungen das Unterdrücken von Gefühlen auf unsere Psyche und unseren Körper hat, warum wir überhaupt dazu neigen, unsere Emotionen zu unterdrücken, und wie wir lernen können, uns unseren Gefühlen sanft und heilsam zuzuwenden.

Warum unterdrücken wir unsere Gefühle?

Viele von uns sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der Gefühle in „gute“ und „schlechte“ unterteilt werden. Uns wurde oft beigebracht, dass bestimmte Emotionen wie Wut, Trauer oder auch übermäßige Freude unpassend sind und deshalb kontrolliert oder sogar unterdrückt werden sollten. Schon als Kinder lernen wir, dass der Ausdruck unserer Gefühle nicht immer willkommen ist – sei es, weil unsere Eltern überfordert waren, weil wir in sozialen Situationen als „anstrengend“ empfunden wurden oder weil wir schlichtweg das Gefühl hatten, mit unseren Emotionen nicht akzeptiert zu werden.

Diese frühen Erfahrungen prägen uns tief. Wir entwickeln Schutzstrategien, um in sozialen Gefügen akzeptiert zu werden und nicht negativ aufzufallen. Diese Strategien helfen uns, in der Gesellschaft zu funktionieren, können aber langfristig zu einer Entfremdung von unseren eigenen Gefühlen führen.

Strategien zur Unterdrückung von Gefühlen

Es gibt verschiedene Strategien, mit denen Menschen versuchen, ihre Gefühle zu unterdrücken. Einige der häufigsten Methoden sind:

1. Ablenkung:

Eine der einfachsten und häufigsten Methoden, Gefühle zu unterdrücken, ist die Ablenkung. Ob durch Arbeit, Sport oder das ständige Konsumieren von Medien – wir nutzen Ablenkungen, um unangenehme Gefühle nicht spüren zu müssen. Doch auf diese Weise entfernen wir uns von uns selbst und geben unseren Emotionen keinen Raum, sich zu zeigen und verarbeitet zu werden.

2. Aktivität:

Insbesondere bei Gefühlen wie Trauer neigen wir dazu, uns in körperliche Aktivitäten zu stürzen. Bewegung und Sport können zwar kurzfristig helfen, den Kopf freizubekommen, doch wenn wir diese Strategien nutzen, um unseren Gefühlen aus dem Weg zu gehen, kann dies langfristig zu einer inneren Entfremdung führen.

3. Bewertung:

Eine weitere gängige Strategie ist die Bewertung unserer Gefühle. Wir neigen dazu, unsere Emotionen als „angemessen“ oder „unangemessen“ zu bewerten. Doch diese Bewertung verhindert, dass wir uns unseren Gefühlen offen und unvoreingenommen stellen. Besonders in traumatischen Situationen kann das Abwerten oder Ignorieren von Gefühlen zu einer tiefen inneren Zerrissenheit führen.

Die Auswirkungen unterdrückter Gefühle

Unterdrückte Gefühle verschwinden nicht einfach. Sie verbleiben in uns und können auf vielfältige Weise unser Leben beeinflussen. Eine der gravierendsten Auswirkungen ist der Verlust von Authentizität. Wenn wir bestimmte Gefühle kontinuierlich unterdrücken, verlieren wir den Zugang zu einem Teil unserer selbst. Wir wissen dann häufig nicht mehr, was wir eigentlich wollen und fühlen. Dies kann dazu führen, dass wir uns in sozialen Beziehungen unwohl fühlen oder uns in einem Umfeld bewegen, das nicht wirklich zu uns passt.

Auf körperlicher Ebene können unterdrückte Emotionen zu chronischem Stress führen. Dieser Stress manifestiert sich oft in Form von körperlichen Beschwerden wie chronischen Schmerzen, Verdauungsproblemen oder einem geschwächten Immunsystem. Langfristig kann dies zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.

Die gute Nachricht ist, dass wir lernen können, uns unseren unterdrückten Gefühlen sanft und heilsam zuzuwenden. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Gefühle, egal wie unangenehm sie sein mögen, einen Platz in unserem Leben haben. Der erste Schritt zur Besserung ist die Selbstannahme – das Erkennen und Akzeptieren der eigenen Gefühle, ohne sie zu bewerten oder zu verurteilen.

Eine wertvolle Methode, um sich den eigenen Gefühlen anzunähern, ist die bewusste Selbstreflexion. Dies kann durch achtsames Innehalten, Meditation oder das Führen eines Tagebuchs geschehen. Es ist auch hilfreich, sich professionelle Unterstützung zu suchen, insbesondere wenn es um tiefer liegende, traumatische Gefühle geht.

Sich den eigenen unterdrückten Gefühlen zu nähern, erfordert Geduld und eine sensible Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und Geist. Der Prozess beginnt oft damit, dass wir lernen, in uns hineinzuspüren und die subtilen Signale unseres Körpers wahrzunehmen. Gefühle äußern sich häufig als körperliche Empfindungen – vielleicht als Druck in der Brust, ein Knoten im Magen oder eine Spannung im Nacken. Diese Empfindungen sind wichtige Hinweise darauf, dass Emotionen im Körper gespeichert sind.

Gefühle im Körper aufspüren


Um diese Gefühle im Körper aufzuspüren, kann es hilfreich sein, sich an einem ruhigen Ort hinzusetzen oder hinzulegen und die Aufmerksamkeit bewusst auf den eigenen Körper zu lenken. Durch langsames, tiefes Atmen beruhigt man den Geist und schafft Raum, um in den Körper hineinzufühlen. Es ist wichtig, den Körper geduldig zu erkunden, von den Füßen bis zum Kopf, und dabei auf jede Art von Empfindung zu achten. Wenn man eine bestimmte Stelle im Körper als angespannt oder unangenehm wahrnimmt, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass dort ein unterdrücktes Gefühl liegt.

Bei den körperlichen Empfindungen bleiben


Wenn eine solche Empfindung entdeckt wird, ist der nächste Schritt, bei ihr zu bleiben, ohne sie sofort loswerden zu wollen. Es geht darum, die Empfindung einfach nur zu beobachten, ohne zu urteilen oder sie verändern zu wollen. Diese Haltung des nicht-wertenden Beobachtens ermöglicht es, das Gefühl allmählich zuzulassen. Es kann hilfreich sein, die Empfindung innerlich zu beschreiben: „Da ist ein Ziehen in meiner Brust“, „Mein Magen fühlt sich schwer an“. Diese bewusste Benennung hilft, das Gefühl ins Bewusstsein zu holen und ihm einen Raum zu geben, anstatt es weiter zu verdrängen.

Indem man bei der körperlichen Empfindung bleibt, kann das zugrunde liegende Gefühl allmählich an die Oberfläche kommen. Dies ist der Moment, in dem Veränderung möglich wird. Wenn das Gefühl zugelassen und im Körper gespürt wird, ohne dass es weggedrängt oder ignoriert wird, kann es sich oft von selbst verändern. Die Empfindung kann intensiver werden, aber auch abflachen oder sogar ganz verschwinden. Dieser Prozess des Spürens und Aushaltens kann tief heilend sein, da das Gefühl auf diese Weise verarbeitet und schließlich losgelassen wird.

Veränderung und Integration


Durch diese achtsame Präsenz werden unterdrückte Gefühle integriert und können so ihre destruktive Wirkung auf Körper und Geist verlieren. Es kann auch vorkommen, dass während dieses Prozesses Erinnerungen oder Bilder aus der Vergangenheit auftauchen. Diese können Hinweise darauf geben, woher das Gefühl ursprünglich stammt. Auch hier ist es wichtig, ohne Bewertung oder Abwehr bei diesen Erinnerungen zu bleiben und sie einfach wahrzunehmen. Der Prozess der Integration bedeutet, dass wir die unterdrückten Gefühle als Teil unserer Erfahrung annehmen und in unser gegenwärtiges Leben integrieren.

Die bewusste Auseinandersetzung mit unterdrückten Gefühlen ist ein Weg zur inneren Heilung und zur Wiederherstellung der Authentizität. Sie ermöglicht es, in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen und Wünschen zu kommen und ein erfüllteres, gesünderes Leben zu führen.

Fazit

Gefühle zu unterdrücken ist eine Überlebensstrategie, die viele von uns im Laufe unseres Lebens entwickeln. Doch diese Strategie hat ihren Preis – sie entfremdet uns von uns selbst und kann zu körperlichen und psychischen Problemen führen. Der Weg zur Heilung beginnt mit der bewussten Entscheidung, sich den eigenen Gefühlen zu stellen und ihnen Raum zu geben. Indem wir uns unseren Gefühlen zuwenden, können wir nicht nur unsere innere Welt heilen, sondern auch unsere Beziehungen und unser Leben bereichern.