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December 13, 2024

Warum Konflikte notwendig für echte Verpflichtung in Teams sind

Relievr
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Ein Team braucht notwendige Konflikte zur Förderung von echter Verpflichtung und Zusammenarbeit in Teams
Text zuletzt aktualisiert am
17.1.2025
Geschätzte Lesezeit: ca.
5
min.

In der Welt der Teamarbeit und Führung haben Konflikte oft einen schlechten Ruf. Sie wirken unangenehm, chaotisch und manchmal einschüchternd. Doch die Wahrheit ist: Konflikte sind unverzichtbar. Nicht, weil sie Spannungen erzeugen, sondern weil sie den Weg für etwas viel Wichtigeres ebnen – echte Verpflichtung.

Konflikte schaffen Verbindlichkeit

Stell dir ein Team vor, in dem niemand seine Meinungen offen äußert. Entscheidungen werden getroffen, ohne dass alle wirklich gehört werden, und die Teammitglieder verlassen die Besprechung, nicken vielleicht zustimmend, äußern jedoch hinter verschlossenen Türen Bedenken. Ohne Konflikte gibt es keine echte Beteiligung. Die Menschen fühlen sich nicht wirklich eingebunden, und diese fehlende Verbindlichkeit zeigt sich, wenn es an die Umsetzung geht.

Ein gutes Beispiel ist das Unternehmen Intel. Dort war die Kultur von „Widersprechen und trotzdem verpflichten“ (disagree and commit) tief verankert. Mitarbeiter wurden ermutigt, ihre Meinungsverschiedenheiten offen anzusprechen, um in Besprechungen intensiv zu diskutieren. Sobald eine Entscheidung getroffen wurde, zog das gesamte Team an einem Strang, unabhängig von den anfänglichen Differenzen. Das ist nicht nur effektiv, sondern auch nachhaltig.

Die Geschichte von Sven – Wenn die Angst vor Konflikten zum Konflikt führt

Sven, Projektmanager in einem mittelständischen Unternehmen, kam zu uns, weil er mit seiner Rolle als Führungskraft nicht mehr zurechtkam. Als leitender Angestellter war er für ein Team von fünf Personen verantwortlich, doch die Zusammenarbeit lief alles andere als rund. Obwohl in Meetings viel geredet wurde, wurde wenig bis nichts umgesetzt. Seine Teammitglieder machten Lippenbekenntnisse, nickten ab – aber danach passierte: nichts.

Sven hatte darauf gehofft, dass die Dinge sich von allein regeln würden. „Die anderen machen das schon,“ dachte er, während er selbst nichts ansprach. Der Grund? Angst vor Konflikten. Er befürchtete, durch Konfrontation die Sympathie seiner Mitarbeiter zu verlieren. Sven hatte gelernt, „lieb“ zu sein, immer freundlich, nie anecken – ein Muster, das ihn sein Leben lang begleitet hatte.

Doch genau diese Konfliktscheu wurde ihm zum Verhängnis. Seine Teammitglieder nahmen ihn nicht ernst, ignorierten Aufgaben und verließen sich darauf, dass es schon irgendwie laufen würde. Sven spürte den Druck steigen, doch er hielt sich weiterhin zurück. Und dann kam der Wendepunkt: Der Konflikt, den er um jeden Preis vermeiden wollte, fand trotzdem statt – nur nicht mit seinem Team, sondern mit seinem Chef. Aufgrund der Minderleistung des Teams musste Sven sich rechtfertigen.

Nach dem Gespräch fühlte Sven sich elend. Er war wütend auf sich selbst, weil er die Situation so weit hatte eskalieren lassen, und zweifelte daran, ob er überhaupt für eine Führungsrolle geeignet war. Svens Geschichte zeigt eindrücklich, wie destruktiv die Angst vor Konflikten sein kann – und wie wichtig es ist, als Führungskraft nicht nur für Harmonie zu sorgen, sondern auch klare Worte zu finden und Verantwortung einzufordern.

Die Versuchung der Führungskräfte

Führungskräfte vermeiden oft Konflikte, um den Frieden zu wahren. Es ist verlockend, Entscheidungen alleine zu treffen, um Auseinandersetzungen zu umgehen. Doch das ist eine gefährliche Falle. Wenn Führungspersonen den Dialog unterbinden, oder da wo nötig nicht führen, verlieren sie das Vertrauen und die Beteiligung ihres Teams. Die Teammitglieder stimmen zwar oberflächlich zu, zweifeln jedoch insgeheim an der Entscheidung. Das Ergebnis? Halbherzige Umsetzung und minimale Verantwortung.

Wahre Führung bedeutet, sich in die unangenehmen Bereiche von Konflikten zu begeben. Es erfordert, verschiedene Meinungen zuzulassen und einen Raum zu schaffen, in dem jede Stimme gehört wird. Selbst wenn die Führungskraft am Ende die Entscheidung trifft, stehen die Teammitglieder eher dahinter, weil sie wissen, dass ihre Perspektiven berücksichtigt wurden.

Verantwortung: Die verborgene Stärke von Konflikten

Konflikte, die zu echter Verbindlichkeit führen, schaffen eine weitere entscheidende Dynamik: Verantwortung. In großartigen Teams ist Verantwortung nicht nur die Aufgabe der Führungskraft. Sie wird untereinander, auf Augenhöhe, gelebt. Wenn Teammitglieder an Entscheidungen glauben, die sie gemeinsam getroffen haben, halten sie sich gegenseitig daran.

Hier kommt die Verhaltensverantwortung ins Spiel. Es geht nicht nur um Zahlen und Deadlines, sondern auch um die kleinen Dinge, die die Teamdynamik beeinflussen. Vielleicht dominiert jemand jede Besprechung und unterdrückt andere Stimmen. Oder jemand bereitet sich nicht ausreichend vor und schädigt die Glaubwürdigkeit des Teams. Solche Verhaltensweisen anzusprechen ist schwierig, aber notwendig.

Der Mut zur Konfrontation

Teammitglieder auf ihr Verhalten anzusprechen, erfordert Demut und Mut. Führungskräfte scheuen diese Gespräche oft aus Angst, als „Bösewicht“ dazustehen. Doch echte Verantwortung ist ein Akt der Fürsorge. Wenn du jemandem sagst, dass er nicht sein Bestes gibt, zeigst du, dass dir sein Wachstum wichtig ist. Diese Gespräche zu vermeiden, ist keine Freundlichkeit – es ist Nachlässigkeit.

Führungskräfte, die Verantwortung ansprechen, stärken ihre Teams. Sie geben ein Beispiel für Mut und schaffen eine Kultur, in der Teammitglieder sich gegenseitig respektvoll zur Verantwortung ziehen – nicht aus Urteil, sondern aus gemeinsamer Verpflichtung.

Konflikt, Verpflichtung und Wertschätzung

Im Kern ist Verantwortung – und der Konflikt, der ihr vorausgeht – ein Ausdruck von Wertschätzung. Es geht darum, in die Menschen um dich herum zu investieren, ihr Wachstum zu fördern und das Team voranzubringen. Ohne Konflikte gibt es keine Verpflichtung. Ohne Verpflichtung scheitert Verantwortung. Und ohne Verantwortung können Teams nicht erfolgreich sein.

Das nächste Mal, wenn ein Konflikt aufkommt, scheue dich nicht davor. Begegne ihm mit Offenheit. Er ist kein Zeichen von Dysfunktion – sondern ein Weg zu tieferer Verbindlichkeit, stärkerer Verantwortung und letztendlich zum Erfolg.